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|Titre=Dr. med.
|Contexte_de=1908 als Sohn des damaligen Syndikus der Deutschen Bank, Johannes Kiehl, in Berlin-Schöneberg geboren, besuchte Wolfgang Kiehl das Treitschke Reform-Realgymnasium in Berlin-Wilmersdorf, wo er am 23.02.1928 die Reifeprüfung bestand. Kiehl nahm das Studium der Medizin in Freiburg im Breisgau auf, wo der die vorklinische Ausbildung durchlief, die klinischen Semester absolvierte er in Königsberg/Preussen und Berlin, wo er am 15.08.1934 das Staatsexamen erfolgreich abgelegt. Auf die Ableistung des praktischen Jahres folgten mehrere Monate Tätigkeit an einer Entbindungsklinik sowie als Vertreter in einer allgemeinen und Landarztpraxis. Mit einer wissenschaftlichen Arbeit an der Universitäts-Kinderklinik promovierte Kiehl in Berlin bei Georg Bessau. Seit April 1936 arbeitete Kiehl für rund sechs Jahre als planmässiger Assistent am Kaiserin-Auguste-Viktoria-Haus (KAVH), Reichsanstalt zur Bekämpfung der Kleinkinder- und Säuglingssterblichkeit in Berlin, seit 1938 als Mitarbeiter von Kurt Hofmeier, der damals das KAVH leitete.
|Contexte_de=1908 als Sohn des damaligen Syndikus der Deutschen Bank, Johannes Kiehl, in Berlin-Schöneberg geboren, besuchte Wolfgang Kiehl das Treitschke Reform-Realgymnasium in Berlin-Wilmersdorf, wo er am 23.02.1928 die Reifeprüfung bestand. Kiehl nahm das Studium der Medizin in Freiburg im Breisgau auf, wo der die vorklinische Ausbildung durchlief, die klinischen Semester absolvierte er in Königsberg/Preussen und Berlin, wo er am 15.08.1934 das Staatsexamen erfolgreich ablegte. Auf die Ableistung des praktischen Jahres folgten mehrere Monate Tätigkeit an einer Entbindungsklinik sowie als Vertreter in einer allgemeinen Praxis und einer Landarztpraxis.  
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Kiehl zur Wehrmacht eingezogen. Bis zu seiner uk-Stellung am 15.09.1940 als Truppenarzt an der Front, nahm er nach seiner Rückkehr in Berlin erneut die Forschungsarbeit auf, bis eine erneute Einberufung am 20.01.1942 an die Ostfront und die Tätigkeit als Oberarzt und Regimentsarzt erfolgte. Zum 01.07.1942 sollte Wolfgang Kiehl als wissenschaftlicher Mitarbeiter Kurt Hofmeier, der mittlerweile zum Direktor der Universitäts-Kinderklinik an die „Reichsuniversität Strassburg“ berufen worden war, dann in das annektierte Elsass folgen. Noch unter Georg Bessau in Berlin hatte Kiehl experimentelle Untersuchungen „Zur Frage der Wirkung arteigenen Diphtherieantitoxins“ durchgeführt und die Ergebnisse in Band 90 der „Monatsschrift für Kinderheilkunde“ veröffentlicht. Kurt Hofmeier stellte nun in Strassburg den Antrag, dass die Medizinische Fakultät der „Reichsuniversität“ diese Forschungsarbeiten als Habilitationsschrift anerkennen solle. Nachdem zwei positive Fachgutachten von Prof. Dr. Otto Bickenbach, Innere Medizin, sowie Prof. Dr. Eugen Haagen, Hygiene / Bakteriologie / Virologie, eingegangen waren, verlieh die Medizinische Fakultät unter dem Datum vom 23. Juli 1943 Wolfgang Kiehl den akademischen Grad eines „Dr. med. habil.“ (vgl. Habilitationsakte Kiehl, Archives du Département d’Histoire des Sciences de la Vie et de la Santé).  
 
Über die praktische klinische Tätigkeit von Wolfgang Kiehl an den Kliniken in Strassburg ist bislang kaum etwas bekannt. In einer „Erklärung über Vermögens- und Einkommensverhältnisse“, die Kiehl anlässlich seiner Ernennung zum Dozenten angegeben hatte, erläuterte er, dass er an der Privatpraxis des Klinikdirektors Prof. Hofmeier beteiligt sei. Im März 1944 belief sich Kiehls Anteil an den kinderärztlichen Privatliquidationen auf 5-6000 RM jährlich – eine Summe, die sein Jahreseinkommen als wissenschaftlicher Assistent der Klinik verdoppelte. Dass Kiehl frei von Schulden sei, seie Frau kein Vermögen besitze und er drei Kinder habe, erfährt man aus dem Schlußsatz dieser Erklärung über die Einkommensverhältnisse. Die Ernennung zum Dozenten und die Verleihung der Lehrbefugnis für Kinderheilkunde erfolgte am 24. Juni 1944, die Habilitation im selben Fach war am 23. Juli 1943 erfolgt.
Wolfgang Kiehl promovierte 1936 an der Universitäts-Kinderklinik in Berlin bei Georg Bessau mit der Arbeit "Über die Beeinflussung der Schick-Reaktion durch Leerserum". Seit April 1936 arbeitete Kiehl für rund sechs Jahre als planmässiger Assistent am Kaiserin-Auguste-Viktoria-Haus (KAVH), Reichsanstalt zur Bekämpfung der Kleinkinder- und Säuglingssterblichkeit in Berlin, seit 1938 als Mitarbeiter von Kurt Hofmeier, der damals das KAVH leitete.
Das Vorlesungsverzeichnis der „Reichsuniversität“ verzeichnet seit dem Wintersemester 1942/43 eine gemeinsam mit Kurt Hofmeier durchgeführte Vorlesung zum Thema „Infektionskrankheiten“ (VL-Verzeichnis Wintersemester 1942/43, S. 63, ebenso 1943/44, S. 63). Im Sommersemester 1944 boten Hofmeier und Kiehl sogar insgesamt drei jeweils einstündige Veranstaltungen aus dem Bereich der Kinderheilkunde an: Einen „Impfkurs“, einen „Kochkurs der Säuglingsernährung“ und für fortgeschrittene Studierende ein „Kinderärztliches Seminar“.  
 
Aus den Forschungen der Historikerin Dr. Dorothee Neumeier ist zu entnehmen, dass Wolfgang Kiehl seit Juni 1943 als fachärztlicher Betreuer des Lebensborn-Heimes „Schwarzwald“ im badischen Nordrach fungierte (Neumaier 2018, 96). Die Lebensborn-Heime gingen auf eine Gründung der SS zurück und sollten ledige junge Frauen in Schwangerschaft, Geburt und Säuglingspflege unterstützen und dadurch den Geburtenrückgang in Nazi-Deutschland aufzuhalten. Bis zum September des Jahres 1942 hatte  die Rothschild‘sche Lungenheilstätte in Nordrach tuberkulosekranke jüdische Frauen beherbergt, die Ende September zusammen mit dem ärztlichen Leiter der Anstalt, Dr. Nehemias Wehl, nach Treblinka deportiert und ermordet wurden (Moser 2014, 186). Gebäude und Inventar wurden daraufhin „arisiert“ und das Entbindungsheim des Lebensborn eingerichtet, in dem bis zum Frühjahr 1945 240 Kinder geboren wurden.
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Kiehl zur Wehrmacht eingezogen. Bis zu seiner uk-Stellung am 15.09.1940 als Truppenarzt an der Front, nahm er nach seiner Rückkehr in Berlin die Forschungsarbeit wieder auf, bis eine erneute Einberufung am 20.01.1942 an die Ostfront folgte, wo er die als Oberarzt und Regimentsarzt diente.  
Lebensbedrohlich erkrankte Neugeborene oder Säuglinge wurden zur kinderärztlichen Behandlung nach Strassburg in die Universitäts-Kinderklinik überwiesen. Der Tod von zwei der nach Strassburg verlegten Säuglingen ist dokumentiert: am 8. August 1943 verstarb der Säugling Rolf in Strassburg, am 20. April 1944 der Säugling Hellmuth. Beide wurden auf dem Südfriedhof in Strassburg beerdigt. Die Grabstellen sind jedoch nicht mehr auffindbar, da der Friedhof inzwischen aufgelassen wurde (Neumaier 2017, 260).
 
Nach der Befreiung der Stadt am 23. November 1944 verliess Dr. med. habil. Wolfgang Kiehl Strassburg, ohne dass wir das genau Datum der Abreise in Richtung Deutschland kennen; dagegen sind Aufenthaltsorte und Tätigkeiten während der Nachkriegsjahre in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR gut dokumentiert (Neumaier 2017, 375-387). Bereits am 15. August 1945 nahm Wolfgang Kiehl erneut seine ärztliche Tätigkeit auf: In Wernigerode im Harz leitete er bis 1973 die von ihm aufgebaute Kinderklinik und richtete ebenfalls eine Kinderabteilung in der dortigen Tuberkuloseheilstätte ein. Die Knappheit an ausgebildeten Medizinern und Medizinerinnen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges führte in allen Besatzungszonen zu einem weniger scharfen Entnazifierungvorgehen gegenüber sogenannten „nominellen“ NSDAP-Mitgliedern, so dass Wolfgang Kiehl auch im Osten Deutschlands keine politischen Schwierigkeiten bei der Neuaufnahme seiner Arzttätigkeit zu gewärtigen hatte.
Zum 01.07.1942 sollte Wolfgang Kiehl als wissenschaftlicher Mitarbeiter Kurt Hofmeier, der mittlerweile zum Direktor der Universitäts-Kinderklinik an die „Reichsuniversität Straβburg“ berufen worden war, in das vom nationalsozialistischen Deutschland annektierte Elsass folgen. Noch unter Georg Bessau in Berlin hatte Kiehl experimentelle Untersuchungen „Zur Frage der Wirkung arteigenen Diphtherieantitoxins“ durchgeführt und die Ergebnisse in Band 90 der „Monatsschrift für Kinderheilkunde“ veröffentlicht. Kurt Hofmeier stellte nun in Straβburg den Antrag, dass die Medizinische Fakultät der „Reichsuniversität“ diese Forschungsarbeiten als Habilitationsschrift anerkennen solle. Nachdem zwei positive Fachgutachten von Prof. Dr. Otto Bickenbach, Innere Medizin, sowie Prof. Dr. Eugen Haagen, Hygiene / Bakteriologie / Virologie, eingegangen waren, verlieh die Medizinische Fakultät unter dem Datum vom 23. Juli 1943 Wolfgang Kiehl den akademischen Grad eines „Dr. med. habil.“ (vgl. Habilitationsakte Kiehl, Archives du Département d’Histoire des Sciences de la Vie et de la Santé).  
Auch seine akademische Laufbahn konnte Kiehl in der DDR erfolgreich weiter verfolgen. Dem Antrag auf Umhabilitation an die Medizinische Fakultät der Universität Halle wurde stattgegeben und zum 1. März 1953 wurde Kiehl zum Dozenten für das Fach Kinderheilkunde ernannt. Die angestrebte Stelle als Chefarzt der Ersten Kinderklinik des Städtischen Hufeland-Krankenhauses in Berlin-Buch wurde jedoch anderweitig besetzt, so dass Kiehl weiterhin zwischen der Kinderklinik in Wernigerode und der Universität Halle, wo er seinen Lehrverpflichtungen nachzukommen hatte, pendeln musste.
 
Die Emeritierung erfolgte altersgemäß in seinem 65. Lebensjahr 1973. Wolfgang Kiehl verstarb am 31. Oktober 1971, ausgezeichnet als „verdienter Mediziner“ und noch Jahrzehnte später in Wernigerode positiv erinnert (Fischer 2014).   
Über die praktische klinische Tätigkeit von Wolfgang Kiehl an den Kliniken in Straβburg ist bislang kaum etwas bekannt. Das Vorlesungsverzeichnis der „Reichsuniversität“ verzeichnet jedoch seit dem Wintersemester 1942/43 eine gemeinsam mit Kurt Hofmeier durchgeführte Vorlesung zum Thema „Infektionskrankheiten“ (VL-Verzeichnis, Wintersemester 1942/43, S. 63, ebenso Wintersemester 1943/44, S. 63). Im Sommersemester 1944 boten Hofmeier und Kiehl drei jeweils einstündige Veranstaltungen aus dem Bereich der Kinderheilkunde an: Einen „Impfkurs“, einen „Kochkurs der Säuglingsernährung“ und für fortgeschrittene Studierende ein „Kinderärztliches Seminar“.  
Die Aufklärung der Beziehungen des Lebensborn-Heimes in Nordrach / Baden und den pädiatrischen Einrichtungen der „Reichsuniversität Strassburg“ bleiben jedoch weiterhin ein Desiderat der historischen Forschung.
 
Publikationen
Seit kurzem wissen wir aus den Forschungen der Historikerin Dr. Dorothee Neumeier, dass Wolfgang Kiehl seit Juni 1943 als fachärztlicher Betreuer des SS-Lebensborn-Heimes „Schwarzwald“ im badischen Nordrach agierte (1). Bis zum September des Jahres 1942 beherbergte die Rothschild‘sche Lungenheilstätte in Nordrach tuberkulosekranke jüdische Frauen, die Ende September zusammen mit dem ärztlichen Leiter der Anstalt, Dr. Nehemias Wehl, nach Treblinka deportiert worden waren (2). Gebäude und Inventar wurden „arisiert“ und ein Entbindungsheim des „Lebensborn e.V.“ eingerichtet, in dem bis zum Frühjahr 1945 240 Kinder geboren wurden. Die Verbindungen zwischen dem SS-Lebensborn und den pädiatrischen Einrichtungen der „Reichsuniversität Straβburg“ sind noch ein Desiderat der historischen Forschung.
Kiehl, Wolfgang: Zur Frage der Wirkung arteigenen Diphtherieantitoxins. Tierexperimentelle Untersuchungen. Die bisherigen Erfahrungen am Menschen mit Blut- und Rekonvaleszentenserumtransfusionen, in: Monatsschrift für Kinderheilkunde 90 (1942), 350-376  (Habilitationsschrift)
Literaturhinweise
Neumaier 2018 = Dorothee Neumaier: Das Lebensbornheim "Schwarzwald" in Nordrach 1942-1945. In: Heiko Haumann, Uwe Schellinger (Hg.): Vom Nationalsozialismus zur Besatzungsherrschaft. Fallstudien und Erinnerungen aus Mittel- und Südbaden. Heidelberg u.a.: Verlag Regionalkultur, 2018, 83-101.
Neumaier 2017 = Dorothee Neumaier: Das Lebensbornheim "Schwarzwald" in Nordrach. Marburg: Tectum, 2017.
Moser 2014 = Gabriele Moser: Staat, Staatsbürger, Ausgrenzung. Normalität im NS-Staat (Radiologie in der NS-Zeit, Teil 1). Fortschritte auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen 186 (2014), Nr. 1, 19-23.
Fischer 2014 = Andreas Fischer: Rolf Eckerlin zeigte. Erinnerung an verdienten Mediziner. Volksstimme (Sachsen-Anhalt), vom 18.9.2014, o.S.
Georg Lilienthal: Der "Lebensborn e.V.". Ein Instrument nationalsozialistischer Rassenpolitik. Frankfurt/Main: Fischer Taschenbuch, 1993.
Uwe Schellinger: Deportiert aus Nordrach. Das Schicksal der letzten jüdischen Patientinnen und Angestellten des Rothschildt-Sanatoriums (herausgegeben vom Historischen Verein für Mittelbaden - Mitgliedergruppe Nordrach). Zell am Harmersbach: Verlag Schwarzwälder Post, o.J. [2009].
Gabriele Moser
|Commentaire_de=(1) Neumaier, Dorothee: Das Lebensbornheim "Schwarzwald" in Nordrach 1942-1945, in: Haumann, Heiko/Uwe Schellinger (Hg.): Vom Nationalsozialismus zur Besatzungsherrschaft. Fallstudien und Erinnerungen aus Mittel- und Südbaden, Heidelberg u.a.: Verlag Regionalkultur, 2018, 83-101.
|Commentaire_de=(1) Neumaier, Dorothee: Das Lebensbornheim "Schwarzwald" in Nordrach 1942-1945, in: Haumann, Heiko/Uwe Schellinger (Hg.): Vom Nationalsozialismus zur Besatzungsherrschaft. Fallstudien und Erinnerungen aus Mittel- und Südbaden, Heidelberg u.a.: Verlag Regionalkultur, 2018, 83-101.
(2) Schellinger, Uwe u.a.: Deportiert aus Nordrach. Das Schicksal der letzten jüdischen Patientinnen und Angestellten des Rothschildt-Sanatoriums (herausgegeben vom Historischen Verein für Mittelbaden - Mitgliedergruppe Nordrach), Zell am Harmersbach: Verlag Schwarzwälder Post, o.J. [2009].
(2) Schellinger, Uwe u.a.: Deportiert aus Nordrach. Das Schicksal der letzten jüdischen Patientinnen und Angestellten des Rothschildt-Sanatoriums (herausgegeben vom Historischen Verein für Mittelbaden - Mitgliedergruppe Nordrach), Zell am Harmersbach: Verlag Schwarzwälder Post, o.J. [2009].


Gabriele Moser
Gabriele Moser
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Version du 13 avril 2022 à 09:45


Wolfgang Kiehl
Prénom Wolfgang
Nom Kiehl
Sexe masculin
Naissance 26 mai 1908 (Berlin)
Directeur de thèse Georg Bessau
Profession Arzt

Titre Dr. med.

Spécialités Kinderheilkunde


Biographie

1908 als Sohn des damaligen Syndikus der Deutschen Bank, Johannes Kiehl, in Berlin-Schöneberg geboren, besuchte Wolfgang Kiehl das Treitschke Reform-Realgymnasium in Berlin-Wilmersdorf, wo er am 23.02.1928 die Reifeprüfung bestand. Kiehl nahm das Studium der Medizin in Freiburg im Breisgau auf, wo der die vorklinische Ausbildung durchlief, die klinischen Semester absolvierte er in Königsberg/Preussen und Berlin, wo er am 15.08.1934 das Staatsexamen erfolgreich abgelegt. Auf die Ableistung des praktischen Jahres folgten mehrere Monate Tätigkeit an einer Entbindungsklinik sowie als Vertreter in einer allgemeinen und Landarztpraxis. Mit einer wissenschaftlichen Arbeit an der Universitäts-Kinderklinik promovierte Kiehl in Berlin bei Georg Bessau. Seit April 1936 arbeitete Kiehl für rund sechs Jahre als planmässiger Assistent am Kaiserin-Auguste-Viktoria-Haus (KAVH), Reichsanstalt zur Bekämpfung der Kleinkinder- und Säuglingssterblichkeit in Berlin, seit 1938 als Mitarbeiter von Kurt Hofmeier, der damals das KAVH leitete. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Kiehl zur Wehrmacht eingezogen. Bis zu seiner uk-Stellung am 15.09.1940 als Truppenarzt an der Front, nahm er nach seiner Rückkehr in Berlin erneut die Forschungsarbeit auf, bis eine erneute Einberufung am 20.01.1942 an die Ostfront und die Tätigkeit als Oberarzt und Regimentsarzt erfolgte. Zum 01.07.1942 sollte Wolfgang Kiehl als wissenschaftlicher Mitarbeiter Kurt Hofmeier, der mittlerweile zum Direktor der Universitäts-Kinderklinik an die „Reichsuniversität Strassburg“ berufen worden war, dann in das annektierte Elsass folgen. Noch unter Georg Bessau in Berlin hatte Kiehl experimentelle Untersuchungen „Zur Frage der Wirkung arteigenen Diphtherieantitoxins“ durchgeführt und die Ergebnisse in Band 90 der „Monatsschrift für Kinderheilkunde“ veröffentlicht. Kurt Hofmeier stellte nun in Strassburg den Antrag, dass die Medizinische Fakultät der „Reichsuniversität“ diese Forschungsarbeiten als Habilitationsschrift anerkennen solle. Nachdem zwei positive Fachgutachten von Prof. Dr. Otto Bickenbach, Innere Medizin, sowie Prof. Dr. Eugen Haagen, Hygiene / Bakteriologie / Virologie, eingegangen waren, verlieh die Medizinische Fakultät unter dem Datum vom 23. Juli 1943 Wolfgang Kiehl den akademischen Grad eines „Dr. med. habil.“ (vgl. Habilitationsakte Kiehl, Archives du Département d’Histoire des Sciences de la Vie et de la Santé). Über die praktische klinische Tätigkeit von Wolfgang Kiehl an den Kliniken in Strassburg ist bislang kaum etwas bekannt. In einer „Erklärung über Vermögens- und Einkommensverhältnisse“, die Kiehl anlässlich seiner Ernennung zum Dozenten angegeben hatte, erläuterte er, dass er an der Privatpraxis des Klinikdirektors Prof. Hofmeier beteiligt sei. Im März 1944 belief sich Kiehls Anteil an den kinderärztlichen Privatliquidationen auf 5-6000 RM jährlich – eine Summe, die sein Jahreseinkommen als wissenschaftlicher Assistent der Klinik verdoppelte. Dass Kiehl frei von Schulden sei, seie Frau kein Vermögen besitze und er drei Kinder habe, erfährt man aus dem Schlußsatz dieser Erklärung über die Einkommensverhältnisse. Die Ernennung zum Dozenten und die Verleihung der Lehrbefugnis für Kinderheilkunde erfolgte am 24. Juni 1944, die Habilitation im selben Fach war am 23. Juli 1943 erfolgt. Das Vorlesungsverzeichnis der „Reichsuniversität“ verzeichnet seit dem Wintersemester 1942/43 eine gemeinsam mit Kurt Hofmeier durchgeführte Vorlesung zum Thema „Infektionskrankheiten“ (VL-Verzeichnis Wintersemester 1942/43, S. 63, ebenso 1943/44, S. 63). Im Sommersemester 1944 boten Hofmeier und Kiehl sogar insgesamt drei jeweils einstündige Veranstaltungen aus dem Bereich der Kinderheilkunde an: Einen „Impfkurs“, einen „Kochkurs der Säuglingsernährung“ und für fortgeschrittene Studierende ein „Kinderärztliches Seminar“. Aus den Forschungen der Historikerin Dr. Dorothee Neumeier ist zu entnehmen, dass Wolfgang Kiehl seit Juni 1943 als fachärztlicher Betreuer des Lebensborn-Heimes „Schwarzwald“ im badischen Nordrach fungierte (Neumaier 2018, 96). Die Lebensborn-Heime gingen auf eine Gründung der SS zurück und sollten ledige junge Frauen in Schwangerschaft, Geburt und Säuglingspflege unterstützen und dadurch den Geburtenrückgang in Nazi-Deutschland aufzuhalten. Bis zum September des Jahres 1942 hatte die Rothschild‘sche Lungenheilstätte in Nordrach tuberkulosekranke jüdische Frauen beherbergt, die Ende September zusammen mit dem ärztlichen Leiter der Anstalt, Dr. Nehemias Wehl, nach Treblinka deportiert und ermordet wurden (Moser 2014, 186). Gebäude und Inventar wurden daraufhin „arisiert“ und das Entbindungsheim des Lebensborn eingerichtet, in dem bis zum Frühjahr 1945 240 Kinder geboren wurden. Lebensbedrohlich erkrankte Neugeborene oder Säuglinge wurden zur kinderärztlichen Behandlung nach Strassburg in die Universitäts-Kinderklinik überwiesen. Der Tod von zwei der nach Strassburg verlegten Säuglingen ist dokumentiert: am 8. August 1943 verstarb der Säugling Rolf in Strassburg, am 20. April 1944 der Säugling Hellmuth. Beide wurden auf dem Südfriedhof in Strassburg beerdigt. Die Grabstellen sind jedoch nicht mehr auffindbar, da der Friedhof inzwischen aufgelassen wurde (Neumaier 2017, 260). Nach der Befreiung der Stadt am 23. November 1944 verliess Dr. med. habil. Wolfgang Kiehl Strassburg, ohne dass wir das genau Datum der Abreise in Richtung Deutschland kennen; dagegen sind Aufenthaltsorte und Tätigkeiten während der Nachkriegsjahre in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR gut dokumentiert (Neumaier 2017, 375-387). Bereits am 15. August 1945 nahm Wolfgang Kiehl erneut seine ärztliche Tätigkeit auf: In Wernigerode im Harz leitete er bis 1973 die von ihm aufgebaute Kinderklinik und richtete ebenfalls eine Kinderabteilung in der dortigen Tuberkuloseheilstätte ein. Die Knappheit an ausgebildeten Medizinern und Medizinerinnen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges führte in allen Besatzungszonen zu einem weniger scharfen Entnazifierungvorgehen gegenüber sogenannten „nominellen“ NSDAP-Mitgliedern, so dass Wolfgang Kiehl auch im Osten Deutschlands keine politischen Schwierigkeiten bei der Neuaufnahme seiner Arzttätigkeit zu gewärtigen hatte. Auch seine akademische Laufbahn konnte Kiehl in der DDR erfolgreich weiter verfolgen. Dem Antrag auf Umhabilitation an die Medizinische Fakultät der Universität Halle wurde stattgegeben und zum 1. März 1953 wurde Kiehl zum Dozenten für das Fach Kinderheilkunde ernannt. Die angestrebte Stelle als Chefarzt der Ersten Kinderklinik des Städtischen Hufeland-Krankenhauses in Berlin-Buch wurde jedoch anderweitig besetzt, so dass Kiehl weiterhin zwischen der Kinderklinik in Wernigerode und der Universität Halle, wo er seinen Lehrverpflichtungen nachzukommen hatte, pendeln musste. Die Emeritierung erfolgte altersgemäß in seinem 65. Lebensjahr 1973. Wolfgang Kiehl verstarb am 31. Oktober 1971, ausgezeichnet als „verdienter Mediziner“ und noch Jahrzehnte später in Wernigerode positiv erinnert (Fischer 2014). Die Aufklärung der Beziehungen des Lebensborn-Heimes in Nordrach / Baden und den pädiatrischen Einrichtungen der „Reichsuniversität Strassburg“ bleiben jedoch weiterhin ein Desiderat der historischen Forschung. Publikationen Kiehl, Wolfgang: Zur Frage der Wirkung arteigenen Diphtherieantitoxins. Tierexperimentelle Untersuchungen. Die bisherigen Erfahrungen am Menschen mit Blut- und Rekonvaleszentenserumtransfusionen, in: Monatsschrift für Kinderheilkunde 90 (1942), 350-376 (Habilitationsschrift) Literaturhinweise Neumaier 2018 = Dorothee Neumaier: Das Lebensbornheim "Schwarzwald" in Nordrach 1942-1945. In: Heiko Haumann, Uwe Schellinger (Hg.): Vom Nationalsozialismus zur Besatzungsherrschaft. Fallstudien und Erinnerungen aus Mittel- und Südbaden. Heidelberg u.a.: Verlag Regionalkultur, 2018, 83-101. Neumaier 2017 = Dorothee Neumaier: Das Lebensbornheim "Schwarzwald" in Nordrach. Marburg: Tectum, 2017. Moser 2014 = Gabriele Moser: Staat, Staatsbürger, Ausgrenzung. Normalität im NS-Staat (Radiologie in der NS-Zeit, Teil 1). Fortschritte auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen 186 (2014), Nr. 1, 19-23. Fischer 2014 = Andreas Fischer: Rolf Eckerlin zeigte. Erinnerung an verdienten Mediziner. Volksstimme (Sachsen-Anhalt), vom 18.9.2014, o.S. Georg Lilienthal: Der "Lebensborn e.V.". Ein Instrument nationalsozialistischer Rassenpolitik. Frankfurt/Main: Fischer Taschenbuch, 1993. Uwe Schellinger: Deportiert aus Nordrach. Das Schicksal der letzten jüdischen Patientinnen und Angestellten des Rothschildt-Sanatoriums (herausgegeben vom Historischen Verein für Mittelbaden - Mitgliedergruppe Nordrach). Zell am Harmersbach: Verlag Schwarzwälder Post, o.J. [2009]. Gabriele Moser

(1) Neumaier, Dorothee: Das Lebensbornheim "Schwarzwald" in Nordrach 1942-1945, in: Haumann, Heiko/Uwe Schellinger (Hg.): Vom Nationalsozialismus zur Besatzungsherrschaft. Fallstudien und Erinnerungen aus Mittel- und Südbaden, Heidelberg u.a.: Verlag Regionalkultur, 2018, 83-101. (2) Schellinger, Uwe u.a.: Deportiert aus Nordrach. Das Schicksal der letzten jüdischen Patientinnen und Angestellten des Rothschildt-Sanatoriums (herausgegeben vom Historischen Verein für Mittelbaden - Mitgliedergruppe Nordrach), Zell am Harmersbach: Verlag Schwarzwälder Post, o.J. [2009].

Gabriele Moser

Repères

Localisations

  • Berlin (Allemagne)
  • Freiburg im Breisgau (Allemagne)[1]
  • Königsberg in Preussen (Allemagne)[1]
  • - 15 août 1934 : Berlin (Allemagne)[1]
  • 26 août 1939 - 15 septembre 1940 : Kriegseinsatz[1]
  • 1 avril 1936 - 19 janvier 1942 : Berlin (Allemagne) Kaiserin-Auguste-Viktoria-Haus[1]
  • 20 janvier 1942 -  : Ostfront (Union soviétique)[1]
  • 1 juillet 1942 - 1944 : Straβburg (France)[1]
  • mars 1945 -  : Potsdam-Babelsberg (Allemagne) Dietrich-Eckart-Str. 22[2]
  • 1943 - 1944 : Nordrach (Allemagne)[3]
  • 13 août 1945 - 1975 : Wernigerode / Harz (Allemagne) Forckestrasse 2[4]

Nationalités

Confessions

Publications

  • Kiehl, Wolfgang. Zur Beurteilung der Wirkung arteigenen Diphthereie-Antitoxins. Klinische Wochenschrift 22 (1943) : n.b.
  • Kiehl, Wolfgang. Zur Frage der Wirkung arteigenen Diphtherieantitoxins. Tierexperimentelle Untersuchungen. Die bisherigen Erfahrungen am Menschen mit Blut- und Rekonvaleszentenserumtransfusionen. Monatsschrift für Kinderheilkunde 90 (1942) : n.b.. [Habilitationsschrift]
  • Kiehl, Wolfgang. Über Myotonia congenita (Thomsen) unter besonderer Berücksichtigung der frühkindlichen Erscheinungsformen. Archiv für Kinderheilkunde 118 (1939) : n.b.
  • Kiehl, Wolfgang. Über angeborenen Totalprolaps. Archiv für Kinderheilkunde 119 (1940) : n.b.
  • Kiehl, Wolfgang. Über die Beeinflussung der Schick-Reaktion durch Leerserum (Diss. Berlin 1936). Monatsschrift für Kinderheilkunde 66 () : 339-351

Relations

Évalué par

Disciple de

Liens à institutions

Berlin

1908-05-26T00:00:00Z
Vie privée
Naissance
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Vie privée
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Références

  • Neumaier, Dorothee. Das Lebensbornheim "Schwarzwald" in Nordrach. Marburg : Tectum Verlag, 2017
  • Neumaier, Dorothee. Das Lebensbornheim "Schwarzwald" in Nordrach 1942-1945. In:Vom Nationalsozialismus zur Besatzungsherrschaft. Fallstudien und Erinnerungen aus Mittel- und Südbaden, , 83-101. Heidelberg : Verlag Regionalkultur, 2018
  • Schellinger, Uwe. Deportiert aus Nordrach. Das Schicksal der letzten jüdischen Patientinnen und Angestellten des Rothschildt-Sanatoriums (herausgegeben vom Historischen Verein für Mittelbaden - Mitgliedergruppe Nordrach). Zell am Harmersbach : Schwarzwälder Post,
  • Moser, Gabriele. Staat, Staatsbürger, Ausgrenzung. Normalität im NS-Staat. (Radiologie in der NS-Zeit, Teil 1.) Fortschritte aus dem Gebiet der Röntgenstrahlen 186 (2014), Nr. 1, 19-23.
  • Fischer, Andreas. Rolf Eckerlin zeigte. Erinnerung an verdienten Mediziner. Volksstimme (Sachsen-Anhalt), vom 18.9.2014, o. S.
  • Lilienthal, Georg. Der "Lebensborn e.v.". Ein Instrument nationalsozialistischer Rassenpolitik. Frankfurt/main: Fischer Taschenbuch, 1993.



À propos de cette page

Rédaction : ©Marquart, ©G.moser



  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 et 1,6 CV, 08011943.
  2. BArch, R 4901/13518.
  3. Neumaier 2017.
  4. Zeitung "Volksstimme", 18. September 2014.