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Différences entre les versions de « Otto Bickenbach »

De Commission Historique
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|Resume_de=Otto Bickenbach wurde am 11. März 1901 Ruppichtroth (50 Kilometer westlich von Köln gelegenen) geboren. Er besuchte in Elberfeld die Schule. Als Sohn eines Landwirtes wurde er politisch streng konservativ erzogen und körperlich schwere Arbeit auf dem Gut seines Vaters leisten. Im Mai 1919 schloss sich Bickenbach freiwillig dem konterrevolutionären Freikorps Lettow-Vorbeck an, wo er eine militärische Ausbildung erhielt und an Straßenkämpfen in Berlin-Moabit und Hamburg-Barmbek teilnahm. Nach der Auflösung des Freikorps absolvierte er sein Abitur und nahm 1920 ein Medizinstudium in Köln auf. Dort geriet der mit französischen Besatzungsbehörden in Konflikt und zog sich Propagandaaktionen für den Deutsch-Völkischen Schutz- und Trutzbund in tätlichen Auseinandersetzungen eine „schwere Schädelverletzung“ zu.<ref name="dcf84cbc2b1058163975717caf052d2f7afbb03d">Lebenslauf des San. Truppenführers Otto Bickenbach, 1934, BArch, VBS 1009 (NS 23), ZA II 00902, Bl. 5..</ref> 1921 setzte er sein Medizinstudium an den Universitäten Heidelberg, Marburg und München fort. In München trat in die Brigade Ehrhard ein, die er nach dem gescheiterten Putschversuch Hitlers am 13. November 1923 wieder verließ.<ref name="ea997765113cfee05344c0101a69c29c2cf40441">Ebd..</ref> Bickenbach engagierte sich seit 1933 aktiv in nationalsozialistischen Organisationen. Im Frühjahr 1933 trat er der NSDAP bei und am 1. November desselben Jahres der Sturmabteilung (SA). Ab dem 1. Dezember 1933 führte der die Geschäfte des Sturmbannarztes 11/S I  in München. Im selben Jahr gründete er die Nationalsozialistischen Betriebszellen-Organisation (NSBO) der städtischen Krankenhäuser in München und übernahm die Führung der NS-Dozentenschaft an der Universität München.<ref name="e1cd47d70d52e1cf92a575b1e593d65c7d052e26">Ebd., Späth (Führer des Sturmes 11/S1) der SA der NSDAP, Dienstleistungszeugnis für Sanitätstruppführer Dr. Otto Bickenbach, 21.2.1934, BArch, VBS 1009 (NS 23), ZA II 00902, Bl. 6 und Lebenslauf Otto Bickenbach, [1934], BArch, R 26 III/690..</ref> Seit 1928 war er an der I. Medizinischen Universitätsklinik in München als Assistenzarzt tätig und wechselte 1934 an die Medizinische Universitätsklinik Freiburg im Breisgau, deren stellvertretender Leiter er wurde. In dieser Funktion war er aktiv an der Vertreibung jüdischer Wissenschaftler beteiligt.<ref name="199e31f26f17cdeb89696172fee6fbc3cb4a8cd5">Hermann Josef Hellmich: ''Die Medizinische Fakultät der Universität Freiburg i. Br. 1933-1935. Eingriffe und Folgen der nationalsozialistischen Personalpolitik''. Universität Freiburg, Diss. med., 1989, S. 164 ff.; Eduard Seidler: ''Die Medizinische Fakultät der Albert-Ludwig-Universität Freiburg im Breisgau. Grundlagen und Entwicklungen'', Berlin u.a.: Springer 1991, S. 340; Bernd Grün: Die Assistenten der Medizinischen Fakultät und der NS-Dozentenbund. Bernd Grün, Hans-Georg Hofer, Karl-Heinz Leven (dir.): ''Medizin im Nationalsozialismus. Die Freiburger Medizinische Fakultät und das Klinikum in der Weimarer Republik und im 'Dritten Reich''', Frankfurt am Main, Berlin, Bern: Peter Lang 2002, p. 189-220, hier S. 204..</ref> Im Oktober 1934 wurde er zum Oberarzt befördert und übernahm in Heidelberg unter Prof. Dr. Johannes Stein die stellvertretende Leitung der Ludolf-Krehl-Klinik. Bickenbach wurde 1938 an der Universität Heidelberg mit einer Arbeit über die Korrelation von Kreislauf und Atmung als Grundlage der konstitutionellen Leistungsfähigkeit habilitiert.<ref name="fbb9ce1e32f5855511a1cce5ff457a19e5c29647">Otto Bickenbach: Blutkreislauf und Atmungskorrelation als Grundlagen konstitutioneller Leistungsfähigkeit. ''Deutsches Archiv für klinische Medizin'', 184 (1939), p. 28-64..</ref> In den Jahren 1937 und 1938 arbeitete er daneben mit der I.G. Farbenindustrie zusammen.<ref name="caa571dbeeb51bb319242a357dd069c5464fcaec">Interrogation No. 799 – Wolfgang Wirth, 12.2.1947, S. 12, National Archives, Washington, RG 238, Microfilm M 1019, reel 80..</ref> Zur Wehrmacht wurde er am 28. August 1939 einberufen, konnte aber seinen Kriegsdienst als stellvertretender Leiter eines in Heidelberg in der Medizinischen Klinik eingerichteten Teillazarettes versehen.<ref name="d03816276ff1ebfac9baadfe5e645680c51b4675">Johannes Stein (Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Straßburg) an Ministerialrat Klingelhöfer (Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung), 15.9.1941, BArch, R 76 IV/69..</ref> Zugleich war er an der Universität in der Lehre tätig, wo er Vorlesungen zur „Pathologie und Therapie von Kampfstofferkrankungen“ hielt.<ref name="e23a23f7cdaf68e55cda4ddb3bf6e6618f8e7cc1">Florian Schmaltz: ''Kampfstoff-Forschung im Nationalsozialismus. Zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten, Militär und Industrie''. Göttingen: Wallstein 2005, 523..</ref> Im ersten Kriegssemester 1939/40 hielt Bickenbach in Heidelberg Vorlesungen zur „Pathologie und Therapie der Kampfstofferkrankungen“.<ref name="ac17211098ea2f24ee81b02f2ec44d3e48339090">Urteil im berufsgerichtlichen Verfahren des Arztes Otto Bickenbach, 10.2.1966, BArch Ludwigsburg, B 162/4203, Bl. 549; Vorlesungsverzeichnis der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg aus dem Wintersemester 1939/1940, S. 44..</ref> Bereits ein Jahr vor Kriegsbeginn war Ende 1938 in der von Johannes Stein geleiteten Medizinischen Klinik in Heidelberg ein Chemiewaffenlabor eingerichtet worden. Zusammen mit dem Pharmakologen und Toxikologen Hellmut Weese<ref name="510b20d85e8fb615187a86f321111a766d9a6692">Zur Biografie von Weese siehe: Hans Kilian: Hellmut Weese. ''Anaesthesist'', 3 (1954), p. 97-98; Gerhard Hecht, W. Schulemann: In memoriam Hellmut Weese. ''Arzneimittel-Forschung'', 4 (1954), 3, p. 218-220; Hans Schadewaldt, Frank-Joachim Morich, Bayer-Aktiengesellschaft. Sektor Gesundheit Gesundheitspolitik.: ''100 Jahre Pharmakologie bei Bayer: 1890 - 1990. Geschichte des Instituts für Pharmakologie in Wuppertal-Elberfeld'', Leverkusen: Bayer AG 1990; M. Goerig, J. Schulte am Esch: Hellmut Weese. Der Versuch einer Würdigung seiner Bedeutung für die deutschsprachige Anästhesie. ''Anästhesiologie & Intensivmedizin'', 32 (1992), p. 678-685..</ref>, der seit 1929 Leiter des Pharmakologischen Labors der I.G. Farbenindustrie war, führte Bickenbach dort Tierversuche zur Prophylaxe der Phosgenvergiftung mit Hexamethylentetramin an Katzen durch.<ref name="476487e2aa50b70ef682536cd0f001660f417949">Oberstabsarzt Wirth, Aktennotiz über Dienstreise im Bereich der 1. Armee vom 16.11.-19.11.1939 (Geheim), 28.11.1939, BA-MA Freiburg, RH 12-23/4470..</ref> Die Versuchstiere wurden u.a. medikamentös mit vorbehandelt Hexametylentetraamin (Urotropin), einem entzündungshemmenden Medikament der Firma Schering gegen Blasen- und Hirnhautentzündungen vorbehandelt, um eine prophylaktische Wirkung zu prüfen. Nachdem die Tierversuche auf eine Schutzwirkung von Urotropin hindeuteten, meldete Bickenbach der Wehrmacht seine Beobachtungen auf dem militärischen Dienstweg.<ref name="684d3a3f7c2bc15f80d8fe61d8b0a653318458da">Staatsanwaltschaft Bochum (16 Js 82/54), Vernehmung von Prof. Dr. Otto Bickenbach, 3.11.1955, BArch Ludwigsburg, B 162/4206, Bl. 1081-1097, hier Bl. 1083..</ref> Am 17. November 1939 stellte Bickenbach gemeinsam mit Weese, der auch als Beratender Oberarzt für Kampfstoffverletzungen beim Armeearzt 1 fungierte, einer militärischen Kommission von Kampfstoff-Experten bei einer Zusammenkunft im Reservelazarett der Medizinischen Klinik Heidelberg ihre bis dahin erzielten Forschungsergebnisse vor.<ref name="604ac414c115d8a84f31f3b0a46c729348997c5d">Ohne über das verwendete Mittel Kenntnis zu erhalten wurde der Film auch den beiden für Kampfstoffverletzungen beim Armeearzt 7 zuständigen Oberstabsarzt Dr. Grüner und Stabsarzt Prof. Dr. Jansen, die zum „Zwecke der Fühlungsnahme und des Gedankenaustauschs“ anwesend waren, vorgeführt. Vgl. dazu und die folgenden Zitate: Oberstabsarzt Wolfgang Wirth, Aktennotiz über Dienstreise im Bereich der 1. Armee vom 16.11.-19.11.1939 (Geheim), 28.11.1939, BA-MA Freiburg, RH 12-23/4470..</ref> Sie berichteten dort über eine prophylaktische Wirkung von Hexamethylentetramin nach einer Phosgeneinwirkung, während sich eine threapeutische Wirkung nach einer Phosgenvergiftung nicht nachweisen ließ.<ref name="ea997765113cfee05344c0101a69c29c2cf40441">Ebd..</ref>
|Resume_de=Otto Bickenbach wurde am 11. März 1901 Ruppichtroth (50 Kilometer westlich von Köln gelegenen) geboren. Er besuchte in Elberfeld die Schule. Als Sohn eines Landwirtes wurde er politisch streng konservativ erzogen und körperlich schwere Arbeit auf dem Gut seines Vaters leisten. Im Mai 1919 schloss sich Bickenbach freiwillig dem konterrevolutionären Freikorps Lettow-Vorbeck an, wo er eine militärische Ausbildung erhielt und an Straßenkämpfen in Berlin-Moabit und Hamburg-Barmbek teilnahm. Nach der Auflösung des Freikorps absolvierte er sein Abitur und nahm 1920 ein Medizinstudium in Köln auf. Dort geriet der mit französischen Besatzungsbehörden in Konflikt und zog sich Propagandaaktionen für den Deutsch-Völkischen Schutz- und Trutzbund in tätlichen Auseinandersetzungen eine „schwere Schädelverletzung“ zu.<ref name="dcf84cbc2b1058163975717caf052d2f7afbb03d">Lebenslauf des San. Truppenführers Otto Bickenbach, 1934, BArch, VBS 1009 (NS 23), ZA II 00902, Bl. 5..</ref> 1921 setzte er sein Medizinstudium an den Universitäten Heidelberg, Marburg und München fort. In München trat in die Brigade Ehrhard ein, die er nach dem gescheiterten Putschversuch Hitlers am 13. November 1923 wieder verließ.<ref name="ea997765113cfee05344c0101a69c29c2cf40441">Ebd..</ref> Bickenbach engagierte sich seit 1933 aktiv in nationalsozialistischen Organisationen. Im Frühjahr 1933 trat er der NSDAP bei und am 1. November desselben Jahres der Sturmabteilung (SA). Ab dem 1. Dezember 1933 führte der die Geschäfte des Sturmbannarztes 11/S I  in München. Im selben Jahr gründete er die Nationalsozialistischen Betriebszellen-Organisation (NSBO) der städtischen Krankenhäuser in München und übernahm die Führung der NS-Dozentenschaft an der Universität München.<ref name="e1cd47d70d52e1cf92a575b1e593d65c7d052e26">Ebd., Späth (Führer des Sturmes 11/S1) der SA der NSDAP, Dienstleistungszeugnis für Sanitätstruppführer Dr. Otto Bickenbach, 21.2.1934, BArch, VBS 1009 (NS 23), ZA II 00902, Bl. 6 und Lebenslauf Otto Bickenbach, [1934], BArch, R 26 III/690..</ref> Seit 1928 war er an der I. Medizinischen Universitätsklinik in München als Assistenzarzt tätig und wechselte 1934 an die Medizinische Universitätsklinik Freiburg im Breisgau, deren stellvertretender Leiter er wurde. In dieser Funktion war er aktiv an der Vertreibung jüdischer Wissenschaftler beteiligt.<ref name="199e31f26f17cdeb89696172fee6fbc3cb4a8cd5">Hermann Josef Hellmich: ''Die Medizinische Fakultät der Universität Freiburg i. Br. 1933-1935. Eingriffe und Folgen der nationalsozialistischen Personalpolitik''. Universität Freiburg, Diss. med., 1989, S. 164 ff.; Eduard Seidler: ''Die Medizinische Fakultät der Albert-Ludwig-Universität Freiburg im Breisgau. Grundlagen und Entwicklungen'', Berlin u.a.: Springer 1991, S. 340; Bernd Grün: Die Assistenten der Medizinischen Fakultät und der NS-Dozentenbund. Bernd Grün, Hans-Georg Hofer, Karl-Heinz Leven (dir.): ''Medizin im Nationalsozialismus. Die Freiburger Medizinische Fakultät und das Klinikum in der Weimarer Republik und im 'Dritten Reich''', Frankfurt am Main, Berlin, Bern: Peter Lang 2002, p. 189-220, hier S. 204..</ref> Im Oktober 1934 wurde er zum Oberarzt befördert und übernahm in Heidelberg unter Prof. Dr. Johannes Stein die stellvertretende Leitung der Ludolf-Krehl-Klinik. Bickenbach wurde 1938 an der Universität Heidelberg mit einer Arbeit über die Korrelation von Kreislauf und Atmung als Grundlage der konstitutionellen Leistungsfähigkeit habilitiert.<ref name="fbb9ce1e32f5855511a1cce5ff457a19e5c29647">Otto Bickenbach: Blutkreislauf und Atmungskorrelation als Grundlagen konstitutioneller Leistungsfähigkeit. ''Deutsches Archiv für klinische Medizin'', 184 (1939), p. 28-64..</ref> In den Jahren 1937 und 1938 arbeitete er daneben mit der I.G. Farbenindustrie zusammen.<ref name="caa571dbeeb51bb319242a357dd069c5464fcaec">Interrogation No. 799 – Wolfgang Wirth, 12.2.1947, S. 12, National Archives, Washington, RG 238, Microfilm M 1019, reel 80..</ref> Zur Wehrmacht wurde er am 28. August 1939 einberufen, konnte aber seinen Kriegsdienst als stellvertretender Leiter eines in Heidelberg in der Medizinischen Klinik eingerichteten Teillazarettes versehen.<ref name="d03816276ff1ebfac9baadfe5e645680c51b4675">Johannes Stein (Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Straßburg) an Ministerialrat Klingelhöfer (Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung), 15.9.1941, BArch, R 76 IV/69..</ref> Zugleich war er an der Universität in der Lehre tätig, wo er Vorlesungen zur „Pathologie und Therapie von Kampfstofferkrankungen“ hielt.<ref name="e23a23f7cdaf68e55cda4ddb3bf6e6618f8e7cc1">Florian Schmaltz: ''Kampfstoff-Forschung im Nationalsozialismus. Zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten, Militär und Industrie''. 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''Arzneimittel-Forschung'', 4 (1954), 3, p. 218-220; Hans Schadewaldt, Frank-Joachim Morich, Bayer-Aktiengesellschaft. Sektor Gesundheit Gesundheitspolitik.: ''100 Jahre Pharmakologie bei Bayer: 1890 - 1990. Geschichte des Instituts für Pharmakologie in Wuppertal-Elberfeld'', Leverkusen: Bayer AG 1990; M. Goerig, J. Schulte am Esch: Hellmut Weese. Der Versuch einer Würdigung seiner Bedeutung für die deutschsprachige Anästhesie. ''Anästhesiologie & Intensivmedizin'', 32 (1992), p. 678-685..</ref>, der seit 1929 Leiter des Pharmakologischen Labors der I.G. Farbenindustrie war, führte Bickenbach dort Tierversuche zur Prophylaxe der Phosgenvergiftung mit Hexamethylentetramin an Katzen durch.<ref name="476487e2aa50b70ef682536cd0f001660f417949">Oberstabsarzt Wirth, Aktennotiz über Dienstreise im Bereich der 1. Armee vom 16.11.-19.11.1939 (Geheim), 28.11.1939, BA-MA Freiburg, RH 12-23/4470..</ref> Die Versuchstiere wurden u.a. medikamentös mit vorbehandelt Hexametylentetraamin (Urotropin), einem entzündungshemmenden Medikament der Firma Schering gegen Blasen- und Hirnhautentzündungen vorbehandelt, um eine prophylaktische Wirkung zu prüfen. Nachdem die Tierversuche auf eine Schutzwirkung von Urotropin hindeuteten, meldete Bickenbach der Wehrmacht seine Beobachtungen auf dem militärischen Dienstweg.<ref name="684d3a3f7c2bc15f80d8fe61d8b0a653318458da">Staatsanwaltschaft Bochum (16 Js 82/54), Vernehmung von Prof. Dr. Otto Bickenbach, 3.11.1955, BArch Ludwigsburg, B 162/4206, Bl. 1081-1097, hier Bl. 1083..</ref> Am 17. November 1939 stellte Bickenbach gemeinsam mit Weese, der auch als Beratender Oberarzt für Kampfstoffverletzungen beim Armeearzt 1 fungierte, einer militärischen Kommission von Kampfstoff-Experten bei einer Zusammenkunft im Reservelazarett der Medizinischen Klinik Heidelberg ihre bis dahin erzielten Forschungsergebnisse vor.<ref name="604ac414c115d8a84f31f3b0a46c729348997c5d">Ohne über das verwendete Mittel Kenntnis zu erhalten wurde der Film auch den beiden für Kampfstoffverletzungen beim Armeearzt 7 zuständigen Oberstabsarzt Dr. Grüner und Stabsarzt Prof. Dr. Jansen, die zum „Zwecke der Fühlungsnahme und des Gedankenaustauschs“ anwesend waren, vorgeführt. Vgl. dazu und die folgenden Zitate: Oberstabsarzt Wolfgang Wirth, Aktennotiz über Dienstreise im Bereich der 1. Armee vom 16.11.-19.11.1939 (Geheim), 28.11.1939, BA-MA Freiburg, RH 12-23/4470..</ref> Sie berichteten dort über eine prophylaktische Wirkung von Hexamethylentetramin nach einer Phosgeneinwirkung, während sich eine threapeutische Wirkung nach einer Phosgenvergiftung nicht nachweisen ließ.<ref name="ea997765113cfee05344c0101a69c29c2cf40441">Ebd..</ref>


Die Kriegsentwicklung eröffnete Bickenbach und anderen Nachwuchswissenschaftlern neue Karrieremöglichkeiten. Im Dezember 1941 wurde er an der „Reichsuniversität Straßburg“ rückwirkend ab dem 1. Oktober 1941 zum außerordentlichen Professor der Medizinischen Fakultät ernannt und zugleich zum Leiter der Medizinischen Poliklinik der Universität.  An der Medizinischen Fakultät der Reichsuniversität Straßburg wurde er zudem kommissarischer Leiter der Biologischen Abteilung des interdisziplinären Forschungsinstitut der Medizinischen Fakultät.  Bis Ende 1943 befand sich das medizinische Forschungsinstitut der „Reichsuniversität Straßburg“ noch im Aufbau und nahm erst im März 1944 seinen Betrieb auf.  Neben dem Aufbau des Forschungsinstitut der Medizinischen Fakultät, das militärische Forschungsarbeiten für die Wehrmacht übernahm, betrieb die SS den Aufbau eigener militärischer Forschungseinrichtungen in Straßburg. Dazu gehörte das auf Befehl Heinrich Himmlers vom 7. Juli 1942 gegründete Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung. Seine Gründung wurde in Straßburg von Wolfram Sievers betrieben, der Geschäftsführers des 1935 als Vereins gegründeten SS-Ahnenerbe war, der am 1. April 1942 in ein Amt des Persönlichen Stabes des Reichsführer SS Himmler umgewandelt worden war.  Bereits Mitte September 1942 hatte sich Bickenbach bereit erklärt, in einer Arbeitsgemeinschaft mit dem Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung des Ahnenerbes zu kooperieren.  Am 17. März 1943 nahm Bickenbach an einer vom Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung in Straßburg organisierten Tagung teil, auf der er seinen Film über die Phosgen-Experimente vorführte.  Sievers bot Bickenbach daraufhin an seine Kampfstoff-Versuche „in Verbindung mit dem Forschungsauftrag“ von Hirt im Konzentrationslager Natzweiler fortzusetzen.  Bickenbach eröffnete die Zusammenarbeit mit der SS den Zugriff auf KZ-Häftlinge als Versuchsobjekte seiner Phosgen-Menschenversuche. Am 5. April 1943 beantragte Sievers bei der Lagerkommandantur eine Zutritts- und Arbeitsgenehmigung für Bickenbach in Natzweiler.  Als August Hirt Mitte April 1942 Bickenbach mitteilte, die Versuche an KZ-Häftlingen könnten nun unter seiner Verantwortung beginnen, bat dieser „zu seiner eigenen Rückendeckung um einen direkten Auftrag an ihn“ von Himmler.  Zur Begründung seiner Bitte führte Bickenbach an, er wollte „im Falle des Versagens der Prophylaxe“ die „Sicherheit haben, dass er auf Befehl des RFSS [Reichsführer-SS] den Versuch durchgeführt“ habe. Hirt zeigte hierfür durchaus Verständnis und schlug Sievers vor, Bickenbach zu schreiben, „dass der RFSS aufgrund seines vorliegenden Berichtes (den ich allerdings noch nicht habe) mit der Durchführung des entsprechenden Versuches am Menschen einverstanden ist, bzw. die Durchführung wünscht“.  Ein entsprechendes Schreiben von Sievers, in dem auf einen Befehl Himmlers Bezug genommen wird, ist nicht überliefert ebensowenig, wie der von Bickenbach angeforderte Bericht an Himmler.
Die Kriegsentwicklung eröffnete Bickenbach und anderen Nachwuchswissenschaftlern neue Karrieremöglichkeiten. Im Dezember 1941 wurde er an der „Reichsuniversität Straßburg“ rückwirkend ab dem 1. Oktober 1941 zum außerordentlichen Professor der Medizinischen Fakultät ernannt und zugleich zum Leiter der Medizinischen Poliklinik der Universität.  An der Medizinischen Fakultät der Reichsuniversität Straßburg wurde er zudem kommissarischer Leiter der Biologischen Abteilung des interdisziplinären Forschungsinstitut der Medizinischen Fakultät.  Bis Ende 1943 befand sich das medizinische Forschungsinstitut der „Reichsuniversität Straßburg“ noch im Aufbau und nahm erst im März 1944 seinen Betrieb auf.  Neben dem Aufbau des Forschungsinstitut der Medizinischen Fakultät, das militärische Forschungsarbeiten für die Wehrmacht übernahm, betrieb die SS den Aufbau eigener militärischer Forschungseinrichtungen in Straßburg. Dazu gehörte das auf Befehl Heinrich Himmlers vom 7. Juli 1942 gegründete Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung. Seine Gründung wurde in Straßburg von Wolfram Sievers betrieben, der Geschäftsführers des 1935 als Vereins gegründeten SS-Ahnenerbe war, der am 1. April 1942 in ein Amt des Persönlichen Stabes des Reichsführer SS Himmler umgewandelt worden war.  Bereits Mitte September 1942 hatte sich Bickenbach bereit erklärt, in einer Arbeitsgemeinschaft mit dem Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung des Ahnenerbes zu kooperieren.  Am 17. März 1943 nahm Bickenbach an einer vom Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung in Straßburg organisierten Tagung teil, auf der er seinen Film über die Phosgen-Experimente vorführte.  Sievers bot Bickenbach daraufhin an seine Kampfstoff-Versuche „in Verbindung mit dem Forschungsauftrag“ von Hirt im Konzentrationslager Natzweiler fortzusetzen.  Bickenbach eröffnete die Zusammenarbeit mit der SS den Zugriff auf KZ-Häftlinge als Versuchsobjekte seiner Phosgen-Menschenversuche. Am 5. April 1943 beantragte Sievers bei der Lagerkommandantur eine Zutritts- und Arbeitsgenehmigung für Bickenbach in Natzweiler.  Als August Hirt Mitte April 1942 Bickenbach mitteilte, die Versuche an KZ-Häftlingen könnten nun unter seiner Verantwortung beginnen, bat dieser „zu seiner eigenen Rückendeckung um einen direkten Auftrag an ihn“ von Himmler.  Zur Begründung seiner Bitte führte Bickenbach an, er wollte „im Falle des Versagens der Prophylaxe“ die „Sicherheit haben, dass er auf Befehl des RFSS [Reichsführer-SS] den Versuch durchgeführt“ habe. Hirt zeigte hierfür durchaus Verständnis und schlug Sievers vor, Bickenbach zu schreiben, „dass der RFSS aufgrund seines vorliegenden Berichtes (den ich allerdings noch nicht habe) mit der Durchführung des entsprechenden Versuches am Menschen einverstanden ist, bzw. die Durchführung wünscht“.  Ein entsprechendes Schreiben von Sievers, in dem auf einen Befehl Himmlers Bezug genommen wird, ist nicht überliefert ebensowenig, wie der von Bickenbach angeforderte Bericht an Himmler.
Im Zusammenhang mit seinen Phosgenversuchen erhielt Bickenbach vom Reichsforschungsrat einen Forschungsauftrag mit dem Titel „Biologische u. physikalisch-chemische Untersuchungen an Plasma-Eiweiss-Körpern zur Frage der Wirkungsweise von Kampfstoffen und Bakteriengiften“.  Der Antrag wurde über die von dem Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für medizinische Forschung Richard Kuhn geleitete Fachsparte für „Organische Chemie“ erteilt und am 24. Juni 1943 in die zweithöchste Dringlichkeitstufe SS eingruppiert.  


Die ersten fünf Gaskammer-Versuche an zehn Häftlingen fanden im Zeitraum zwischen dem 30. Mai 1943 und dem 9. Juni 1943 statt. Weitere sieben Versuche folgten im Zeitraum vom 10. Juni bis zum 12. Juli 1943 an 14 Häftlingen. Im Jahre 1944 wurde die Gaskammer in Natzweiler nochmals für mehrere Versuchsreihen mit Phosgen genutzt.  Am 14. Juni 1944 fuhren Bickenbachs Assistenten Helmut Rühl und Fritz Letz nach Natzweiler, um in der Gaskammer die Messapparaturen einzurichten. Am nächsten Morgen folgten Hirt und Bickenbach und begannen mit den Phosgen-Versuchen.  Die erste Versuchsreihe fand am 15. Juni 1943 statt. An diesem Tag wurden in den drei Versuchen XII bis XIV in der Gaskammer jeweils in Gruppen von vier Häftlingen dem Kampfstoff in einer eskalierenden Weise ausgesetzt. Die Versuchsdauer wurde schrittweise von 22 Minuten auf 30 Minuten und die in die Gaskammer eingebrachte Phosgenmenge von etwa 1,5 Gramm auf zuletzt auf ca. 10 Gramm erhöht. Mit dem letzten Versuch XV fanden die Phosgenversuche am 9. August 1944 ihr Ende.  
Im Zusammenhang mit seinen Phosgenversuchen erhielt Bickenbach vom Reichsforschungsrat einen Forschungsauftrag mit dem Titel „Biologische u. physikalisch-chemische Untersuchungen an Plasma-Eiweiss-Körpern zur Frage der Wirkungsweise von Kampfstoffen und Bakteriengiften“.  Der Antrag wurde über die von dem Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für medizinische Forschung Richard Kuhn geleitete Fachsparte für „Organische Chemie“ erteilt und am 24. Juni 1943 in die zweithöchste Dringlichkeitstufe SS eingruppiert.
 
Die ersten fünf Gaskammer-Versuche an zehn Häftlingen fanden im Zeitraum zwischen dem 30. Mai 1943 und dem 9. Juni 1943 statt. Weitere sieben Versuche folgten im Zeitraum vom 10. Juni bis zum 12. Juli 1943 an 14 Häftlingen. Im Jahre 1944 wurde die Gaskammer in Natzweiler nochmals für mehrere Versuchsreihen mit Phosgen genutzt.  Am 14. Juni 1944 fuhren Bickenbachs Assistenten Helmut Rühl und Fritz Letz nach Natzweiler, um in der Gaskammer die Messapparaturen einzurichten. Am nächsten Morgen folgten Hirt und Bickenbach und begannen mit den Phosgen-Versuchen.  Die erste Versuchsreihe fand am 15. Juni 1943 statt. An diesem Tag wurden in den drei Versuchen XII bis XIV in der Gaskammer jeweils in Gruppen von vier Häftlingen dem Kampfstoff in einer eskalierenden Weise ausgesetzt. Die Versuchsdauer wurde schrittweise von 22 Minuten auf 30 Minuten und die in die Gaskammer eingebrachte Phosgenmenge von etwa 1,5 Gramm auf zuletzt auf ca. 10 Gramm erhöht. Mit dem letzten Versuch XV fanden die Phosgenversuche am 9. August 1944 ihr Ende.


Dem Abschlussbericht Bickenbachs zufolge erlitten acht Häftlinge infolge der Phosgen-Versuche Lungenödeme ersten Grades, drei weitere zweiten Grades und zwei Häftlinge dritten Grades. Der Versuch XIII überschritt erstmals die damals in der Fachliteratur veröffentlichte für den Menschen tödliche Phosgen-Dosis.  Der vorletzte Versuch XIV überschritt den tödlichen Wert sogar um das Fünffache und der letzte noch um das Doppelte. Der Tod der Häftlinge wurde hier vorsätzlich ins Kalkül gezogen, um entlang der Todesschwelle des Giftgases, die Grenzen der abmildernden Wirkung von Urotropin festzustellen.
Dem Abschlussbericht Bickenbachs zufolge erlitten acht Häftlinge infolge der Phosgen-Versuche Lungenödeme ersten Grades, drei weitere zweiten Grades und zwei Häftlinge dritten Grades. Der Versuch XIII überschritt erstmals die damals in der Fachliteratur veröffentlichte für den Menschen tödliche Phosgen-Dosis.  Der vorletzte Versuch XIV überschritt den tödlichen Wert sogar um das Fünffache und der letzte noch um das Doppelte. Der Tod der Häftlinge wurde hier vorsätzlich ins Kalkül gezogen, um entlang der Todesschwelle des Giftgases, die Grenzen der abmildernden Wirkung von Urotropin festzustellen.


Im Herbst 1944 fasste Otto Bickenbach die Ergebnisse seiner seit Sommer 1943 mit dem Kampfstoff Phosgen an KZ- Häftlingen des Lagers Natzweiler durchgeführten Menschenversuche in einem Bericht zusammen, den er dem Generalkommissar für das Gesundheits- und Sanitätswesen Karl Brandt übermittelte.  In seinem Bericht hielt Bickenbach fest, dass insgesamt 40 Häftlinge an 15 Versuchen „über die prophylaktische Wirkung des Hexamethylentetramins bei der Phosgenvergiftung“ teilgenommen hatten.
Im Herbst 1944 fasste Otto Bickenbach die Ergebnisse seiner seit Sommer 1943 mit dem Kampfstoff Phosgen an KZ- Häftlingen des Lagers Natzweiler durchgeführten Menschenversuche in einem Bericht zusammen, den er dem Generalkommissar für das Gesundheits- und Sanitätswesen Karl Brandt übermittelte.  In seinem Bericht hielt Bickenbach fest, dass insgesamt 40 Häftlinge an 15 Versuchen „über die prophylaktische Wirkung des Hexamethylentetramins bei der Phosgenvergiftung“ teilgenommen hatten.  
 
Anhand von Bickenbachs Bericht und Zeugenaussagen sind vier Todesfälle der Sinti und Roma Zirko Rebstock (2.2.1924-16.6.1944), Adalbert Eckstein (12.2.1911-18.6.1944), Andreas Hodosy (5.2.1903-16.6.1944) und Josef Reinhardt (27.8.1913-9.8.1944) zweifelsfrei im Zusammenhang mit den Phosgenversuchen nachweisbar.  In vier weiteren Verdachtsfällen von Häftlingen, deren Tod durch die schwere Lungenschäden verursachende Vergiftung mit Phosgen höchstwahrscheinlich mitverursacht wurde, finden sich Hinweise in den Unterlagen der Arolsen Archives. Es handelt sich um Richard Metzendorf (7.6.1903-3.1.1944) , Alfred Schmidt (28.5.1907-7.5.1944) , Paul Schneider (26.10.1909-18.7.1944), der nach seiner Verlegung in das Konzentrationslager Flossenbürg dort verstarb , sowie Albert Reinhardt (31.10.1921-17.7.1945).  Reinhardt wurde 1944 in das Konzentrationslagers Dachau verlegt. Dort wurde er 1945 befreit, verstarb aber trotz einer Behandlung im Krankenhaus Schönbrunn bei Dachau am 17. Juli 1945.   
Anhand von Bickenbachs Bericht und Zeugenaussagen sind vier Todesfälle der Sinti und Roma Zirko Rebstock (2.2.1924-16.6.1944), Adalbert Eckstein (12.2.1911-18.6.1944), Andreas Hodosy (5.2.1903-16.6.1944) und Josef Reinhardt (27.8.1913-9.8.1944) zweifelsfrei im Zusammenhang mit den Phosgenversuchen nachweisbar.  In vier weiteren Verdachtsfällen von Häftlingen, deren Tod durch die schwere Lungenschäden verursachende Vergiftung mit Phosgen höchstwahrscheinlich mitverursacht wurde, finden sich Hinweise in den Unterlagen der Arolsen Archives. Es handelt sich um Richard Metzendorf (7.6.1903-3.1.1944) , Alfred Schmidt (28.5.1907-7.5.1944) , Paul Schneider (26.10.1909-18.7.1944), der nach seiner Verlegung in das Konzentrationslager Flossenbürg dort verstarb , sowie Albert Reinhardt (31.10.1921-17.7.1945).  Reinhardt wurde 1944 in das Konzentrationslagers Dachau verlegt. Dort wurde er 1945 befreit, verstarb aber trotz einer Behandlung im Krankenhaus Schönbrunn bei Dachau am 17. Juli 1945.   


Am 22. November 1944 stießen Alliierte Truppen nach Straßburg vor und brachten die Stadt am folgenden Tag unter ihre Kontrolle. Bickenbach befand sich zu diesem Zeitpunkt noch in Fort Fransecky.  Ihm gelang die Flucht aus Straßburg. Über seine Aufenthaltsorte in der Zeit zwischen Ende November 1944 und Anfang 1945 ist bislang nichts bekannt. Im Februar 1945 gelang es Bickenbach mit Unterstützung des Direktors des Kaiser-Wilhelm-Institut für medizinische Forschung Richard Kuhn, in Bad Mergentheim in der Versorgungskuranstalt einen Arbeitsplatz und ein Labor zu erhalten.  
Am 22. November 1944 stießen Alliierte Truppen nach Straßburg vor und brachten die Stadt am folgenden Tag unter ihre Kontrolle. Bickenbach befand sich zu diesem Zeitpunkt noch in Fort Fransecky.  Ihm gelang die Flucht aus Straßburg. Über seine Aufenthaltsorte in der Zeit zwischen Ende November 1944 und Anfang 1945 ist bislang nichts bekannt. Im Februar 1945 gelang es Bickenbach mit Unterstützung des Direktors des Kaiser-Wilhelm-Institut für medizinische Forschung Richard Kuhn, in Bad Mergentheim in der Versorgungskuranstalt einen Arbeitsplatz und ein Labor zu erhalten.  
Im Juni 1945 geriet Bickenbach in Garmisch in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nachdem Anschuldigungen, er habe sich im November 1938 aktiv an der Misshandlung von Juden in der Reichspogromnacht beteiligt, nicht zu beweisen waren, wurde er im Sommer 1946 entlassen.  Am 17. März 1947 wurde Bickenbach verhaftet. Die Chambre de Mises en Accusation des Appellationsgerichts Colmar entschied am 20. Dezember 1949, dass Bickenbach und der ebenfalls an der Reichsuniversität Straßburg tätige Mediziner Eugen Haagen, der in Natzweiler unter anderem Fleckfieberversuche an KZ-Häftlingen durchgeführt hatte, vor dem Tribunal Militaire Permanente in Metz vor Gericht gestellt werden sollten.  Das Verfahren in Metz fand vom 16. bis zum 24. Dezember 1952 statt. Es endete mit einer Verurteilung von Bickenbach und Haagen als Kriegsverbrecher zu lebenslänglicher Haft und Zwangsarbeit.  Das erstinstanzliche Urteil wurde von einem Pariser Militärgericht am 14. Januar 1954 aufgehoben und zur Neuverhandlung an den Militärgerichtshof in Lyon  übergeben. Die Revisionsverhandlung fand vom 11. bis 14. Mai 1954 in Lyon statt. Haagen und Bickenbach wurden zu zwanzigjähriger Zwangsarbeit verurteilt. 1955 wurde die Strafe in eine zehnjähirge Haftstrafe umgewandelt.  Am 18. September 1955 wurde Bickenbach aus der Haft entlassen.  Nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik, beantragte Bickenbach in einem berufsgerichtlichen Verfahren seine Rehabilitierung als Arzt. Auf die skandalösen Umstände der Rehabilitierung Bickenbachs  in dem 1962 eröffneten Verfahren vor dem Berufsgericht für Heilberufe beim Verwaltungsgericht Köln hat Ernst Klee jüngst hingewiesen.  Ohne Hinzuziehung der Akten des SS-Ahnenerbes aus dem Nürnberger Ärzteprozess oder den Verfahren vor den Französischen Militärgerichten wurde Bickenbach in Köln entlastet. In seinem abschließenden Urteil stellte das Berufsgericht für Heilberufe 1966 fest, er habe „seine ärztlichen Berufspflichten getreu dem hippokratischen Eid nicht verletzt“.  Bickenbach praktizierte daraufhin in privater Praxis wieder als Arzt. Er starb am 26. November 1971 in Siegburg.
Im Juni 1945 geriet Bickenbach in Garmisch in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nachdem Anschuldigungen, er habe sich im November 1938 aktiv an der Misshandlung von Juden in der Reichspogromnacht beteiligt, nicht zu beweisen waren, wurde er im Sommer 1946 entlassen.  Am 17. März 1947 wurde Bickenbach verhaftet. Die Chambre de Mises en Accusation des Appellationsgerichts Colmar entschied am 20. Dezember 1949, dass Bickenbach und der ebenfalls an der Reichsuniversität Straßburg tätige Mediziner Eugen Haagen, der in Natzweiler unter anderem Fleckfieberversuche an KZ-Häftlingen durchgeführt hatte, vor dem Tribunal Militaire Permanente in Metz vor Gericht gestellt werden sollten.  Das Verfahren in Metz fand vom 16. bis zum 24. Dezember 1952 statt. Es endete mit einer Verurteilung von Bickenbach und Haagen als Kriegsverbrecher zu lebenslänglicher Haft und Zwangsarbeit.  Das erstinstanzliche Urteil wurde von einem Pariser Militärgericht am 14. Januar 1954 aufgehoben und zur Neuverhandlung an den Militärgerichtshof in Lyon  übergeben. Die Revisionsverhandlung fand vom 11. bis 14. Mai 1954 in Lyon statt. Haagen und Bickenbach wurden zu zwanzigjähriger Zwangsarbeit verurteilt. 1955 wurde die Strafe in eine zehnjähirge Haftstrafe umgewandelt.  Am 18. September 1955 wurde Bickenbach aus der Haft entlassen.  Nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik, beantragte Bickenbach in einem berufsgerichtlichen Verfahren seine Rehabilitierung als Arzt. Auf die skandalösen Umstände der Rehabilitierung Bickenbachs  in dem 1962 eröffneten Verfahren vor dem Berufsgericht für Heilberufe beim Verwaltungsgericht Köln hat Ernst Klee jüngst hingewiesen.  Ohne Hinzuziehung der Akten des SS-Ahnenerbes aus dem Nürnberger Ärzteprozess oder den Verfahren vor den Französischen Militärgerichten wurde Bickenbach in Köln entlastet. In seinem abschließenden Urteil stellte das Berufsgericht für Heilberufe 1966 fest, er habe „seine ärztlichen Berufspflichten getreu dem hippokratischen Eid nicht verletzt“.  Bickenbach praktizierte daraufhin in privater Praxis wieder als Arzt. Er starb am 26. November 1971 in Siegburg.


Florian Schmaltz
''Florian Schmaltz''
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Version du 27 avril 2022 à 08:34


Otto Bickenbach
Prénom Otto
Nom Bickenbach
Sexe masculin
Naissance 11 mars 1901 (Ruppichteroth)
Décès 26 novembre 1971 (Siegburg)
Autorisation d'exercer la médecine 1927
Profession Arzt

Titre Dr.med.


Otto Bickenbach wurde am 11. März 1901 Ruppichtroth (50 Kilometer westlich von Köln gelegenen) geboren. Er besuchte in Elberfeld die Schule. Als Sohn eines Landwirtes wurde er politisch streng konservativ erzogen und körperlich schwere Arbeit auf dem Gut seines Vaters leisten. Im Mai 1919 schloss sich Bickenbach freiwillig dem konterrevolutionären Freikorps Lettow-Vorbeck an, wo er eine militärische Ausbildung erhielt und an Straßenkämpfen in Berlin-Moabit und Hamburg-Barmbek teilnahm. Nach der Auflösung des Freikorps absolvierte er sein Abitur und nahm 1920 ein Medizinstudium in Köln auf. Dort geriet der mit französischen Besatzungsbehörden in Konflikt und zog sich Propagandaaktionen für den Deutsch-Völkischen Schutz- und Trutzbund in tätlichen Auseinandersetzungen eine „schwere Schädelverletzung“ zu.[1] 1921 setzte er sein Medizinstudium an den Universitäten Heidelberg, Marburg und München fort. In München trat in die Brigade Ehrhard ein, die er nach dem gescheiterten Putschversuch Hitlers am 13. November 1923 wieder verließ.[2] Bickenbach engagierte sich seit 1933 aktiv in nationalsozialistischen Organisationen. Im Frühjahr 1933 trat er der NSDAP bei und am 1. November desselben Jahres der Sturmabteilung (SA). Ab dem 1. Dezember 1933 führte der die Geschäfte des Sturmbannarztes 11/S I in München. Im selben Jahr gründete er die Nationalsozialistischen Betriebszellen-Organisation (NSBO) der städtischen Krankenhäuser in München und übernahm die Führung der NS-Dozentenschaft an der Universität München.[3] Seit 1928 war er an der I. Medizinischen Universitätsklinik in München als Assistenzarzt tätig und wechselte 1934 an die Medizinische Universitätsklinik Freiburg im Breisgau, deren stellvertretender Leiter er wurde. In dieser Funktion war er aktiv an der Vertreibung jüdischer Wissenschaftler beteiligt.[4] Im Oktober 1934 wurde er zum Oberarzt befördert und übernahm in Heidelberg unter Prof. Dr. Johannes Stein die stellvertretende Leitung der Ludolf-Krehl-Klinik. Bickenbach wurde 1938 an der Universität Heidelberg mit einer Arbeit über die Korrelation von Kreislauf und Atmung als Grundlage der konstitutionellen Leistungsfähigkeit habilitiert.[5] In den Jahren 1937 und 1938 arbeitete er daneben mit der I.G. Farbenindustrie zusammen.[6] Zur Wehrmacht wurde er am 28. August 1939 einberufen, konnte aber seinen Kriegsdienst als stellvertretender Leiter eines in Heidelberg in der Medizinischen Klinik eingerichteten Teillazarettes versehen.[7] Zugleich war er an der Universität in der Lehre tätig, wo er Vorlesungen zur „Pathologie und Therapie von Kampfstofferkrankungen“ hielt.[8] Im ersten Kriegssemester 1939/40 hielt Bickenbach in Heidelberg Vorlesungen zur „Pathologie und Therapie der Kampfstofferkrankungen“.[9] Bereits ein Jahr vor Kriegsbeginn war Ende 1938 in der von Johannes Stein geleiteten Medizinischen Klinik in Heidelberg ein Chemiewaffenlabor eingerichtet worden. Zusammen mit dem Pharmakologen und Toxikologen Hellmut Weese[10], der seit 1929 Leiter des Pharmakologischen Labors der I.G. Farbenindustrie war, führte Bickenbach dort Tierversuche zur Prophylaxe der Phosgenvergiftung mit Hexamethylentetramin an Katzen durch.[11] Die Versuchstiere wurden u.a. medikamentös mit vorbehandelt Hexametylentetraamin (Urotropin), einem entzündungshemmenden Medikament der Firma Schering gegen Blasen- und Hirnhautentzündungen vorbehandelt, um eine prophylaktische Wirkung zu prüfen. Nachdem die Tierversuche auf eine Schutzwirkung von Urotropin hindeuteten, meldete Bickenbach der Wehrmacht seine Beobachtungen auf dem militärischen Dienstweg.[12] Am 17. November 1939 stellte Bickenbach gemeinsam mit Weese, der auch als Beratender Oberarzt für Kampfstoffverletzungen beim Armeearzt 1 fungierte, einer militärischen Kommission von Kampfstoff-Experten bei einer Zusammenkunft im Reservelazarett der Medizinischen Klinik Heidelberg ihre bis dahin erzielten Forschungsergebnisse vor.[13] Sie berichteten dort über eine prophylaktische Wirkung von Hexamethylentetramin nach einer Phosgeneinwirkung, während sich eine threapeutische Wirkung nach einer Phosgenvergiftung nicht nachweisen ließ.[2]

Die Kriegsentwicklung eröffnete Bickenbach und anderen Nachwuchswissenschaftlern neue Karrieremöglichkeiten. Im Dezember 1941 wurde er an der „Reichsuniversität Straßburg“ rückwirkend ab dem 1. Oktober 1941 zum außerordentlichen Professor der Medizinischen Fakultät ernannt und zugleich zum Leiter der Medizinischen Poliklinik der Universität. An der Medizinischen Fakultät der Reichsuniversität Straßburg wurde er zudem kommissarischer Leiter der Biologischen Abteilung des interdisziplinären Forschungsinstitut der Medizinischen Fakultät. Bis Ende 1943 befand sich das medizinische Forschungsinstitut der „Reichsuniversität Straßburg“ noch im Aufbau und nahm erst im März 1944 seinen Betrieb auf. Neben dem Aufbau des Forschungsinstitut der Medizinischen Fakultät, das militärische Forschungsarbeiten für die Wehrmacht übernahm, betrieb die SS den Aufbau eigener militärischer Forschungseinrichtungen in Straßburg. Dazu gehörte das auf Befehl Heinrich Himmlers vom 7. Juli 1942 gegründete Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung. Seine Gründung wurde in Straßburg von Wolfram Sievers betrieben, der Geschäftsführers des 1935 als Vereins gegründeten SS-Ahnenerbe war, der am 1. April 1942 in ein Amt des Persönlichen Stabes des Reichsführer SS Himmler umgewandelt worden war. Bereits Mitte September 1942 hatte sich Bickenbach bereit erklärt, in einer Arbeitsgemeinschaft mit dem Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung des Ahnenerbes zu kooperieren. Am 17. März 1943 nahm Bickenbach an einer vom Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung in Straßburg organisierten Tagung teil, auf der er seinen Film über die Phosgen-Experimente vorführte. Sievers bot Bickenbach daraufhin an seine Kampfstoff-Versuche „in Verbindung mit dem Forschungsauftrag“ von Hirt im Konzentrationslager Natzweiler fortzusetzen. Bickenbach eröffnete die Zusammenarbeit mit der SS den Zugriff auf KZ-Häftlinge als Versuchsobjekte seiner Phosgen-Menschenversuche. Am 5. April 1943 beantragte Sievers bei der Lagerkommandantur eine Zutritts- und Arbeitsgenehmigung für Bickenbach in Natzweiler. Als August Hirt Mitte April 1942 Bickenbach mitteilte, die Versuche an KZ-Häftlingen könnten nun unter seiner Verantwortung beginnen, bat dieser „zu seiner eigenen Rückendeckung um einen direkten Auftrag an ihn“ von Himmler. Zur Begründung seiner Bitte führte Bickenbach an, er wollte „im Falle des Versagens der Prophylaxe“ die „Sicherheit haben, dass er auf Befehl des RFSS [Reichsführer-SS] den Versuch durchgeführt“ habe. Hirt zeigte hierfür durchaus Verständnis und schlug Sievers vor, Bickenbach zu schreiben, „dass der RFSS aufgrund seines vorliegenden Berichtes (den ich allerdings noch nicht habe) mit der Durchführung des entsprechenden Versuches am Menschen einverstanden ist, bzw. die Durchführung wünscht“. Ein entsprechendes Schreiben von Sievers, in dem auf einen Befehl Himmlers Bezug genommen wird, ist nicht überliefert ebensowenig, wie der von Bickenbach angeforderte Bericht an Himmler.

Im Zusammenhang mit seinen Phosgenversuchen erhielt Bickenbach vom Reichsforschungsrat einen Forschungsauftrag mit dem Titel „Biologische u. physikalisch-chemische Untersuchungen an Plasma-Eiweiss-Körpern zur Frage der Wirkungsweise von Kampfstoffen und Bakteriengiften“. Der Antrag wurde über die von dem Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für medizinische Forschung Richard Kuhn geleitete Fachsparte für „Organische Chemie“ erteilt und am 24. Juni 1943 in die zweithöchste Dringlichkeitstufe SS eingruppiert.

Die ersten fünf Gaskammer-Versuche an zehn Häftlingen fanden im Zeitraum zwischen dem 30. Mai 1943 und dem 9. Juni 1943 statt. Weitere sieben Versuche folgten im Zeitraum vom 10. Juni bis zum 12. Juli 1943 an 14 Häftlingen. Im Jahre 1944 wurde die Gaskammer in Natzweiler nochmals für mehrere Versuchsreihen mit Phosgen genutzt. Am 14. Juni 1944 fuhren Bickenbachs Assistenten Helmut Rühl und Fritz Letz nach Natzweiler, um in der Gaskammer die Messapparaturen einzurichten. Am nächsten Morgen folgten Hirt und Bickenbach und begannen mit den Phosgen-Versuchen. Die erste Versuchsreihe fand am 15. Juni 1943 statt. An diesem Tag wurden in den drei Versuchen XII bis XIV in der Gaskammer jeweils in Gruppen von vier Häftlingen dem Kampfstoff in einer eskalierenden Weise ausgesetzt. Die Versuchsdauer wurde schrittweise von 22 Minuten auf 30 Minuten und die in die Gaskammer eingebrachte Phosgenmenge von etwa 1,5 Gramm auf zuletzt auf ca. 10 Gramm erhöht. Mit dem letzten Versuch XV fanden die Phosgenversuche am 9. August 1944 ihr Ende.

Dem Abschlussbericht Bickenbachs zufolge erlitten acht Häftlinge infolge der Phosgen-Versuche Lungenödeme ersten Grades, drei weitere zweiten Grades und zwei Häftlinge dritten Grades. Der Versuch XIII überschritt erstmals die damals in der Fachliteratur veröffentlichte für den Menschen tödliche Phosgen-Dosis. Der vorletzte Versuch XIV überschritt den tödlichen Wert sogar um das Fünffache und der letzte noch um das Doppelte. Der Tod der Häftlinge wurde hier vorsätzlich ins Kalkül gezogen, um entlang der Todesschwelle des Giftgases, die Grenzen der abmildernden Wirkung von Urotropin festzustellen.

Im Herbst 1944 fasste Otto Bickenbach die Ergebnisse seiner seit Sommer 1943 mit dem Kampfstoff Phosgen an KZ- Häftlingen des Lagers Natzweiler durchgeführten Menschenversuche in einem Bericht zusammen, den er dem Generalkommissar für das Gesundheits- und Sanitätswesen Karl Brandt übermittelte. In seinem Bericht hielt Bickenbach fest, dass insgesamt 40 Häftlinge an 15 Versuchen „über die prophylaktische Wirkung des Hexamethylentetramins bei der Phosgenvergiftung“ teilgenommen hatten.

Anhand von Bickenbachs Bericht und Zeugenaussagen sind vier Todesfälle der Sinti und Roma Zirko Rebstock (2.2.1924-16.6.1944), Adalbert Eckstein (12.2.1911-18.6.1944), Andreas Hodosy (5.2.1903-16.6.1944) und Josef Reinhardt (27.8.1913-9.8.1944) zweifelsfrei im Zusammenhang mit den Phosgenversuchen nachweisbar. In vier weiteren Verdachtsfällen von Häftlingen, deren Tod durch die schwere Lungenschäden verursachende Vergiftung mit Phosgen höchstwahrscheinlich mitverursacht wurde, finden sich Hinweise in den Unterlagen der Arolsen Archives. Es handelt sich um Richard Metzendorf (7.6.1903-3.1.1944) , Alfred Schmidt (28.5.1907-7.5.1944) , Paul Schneider (26.10.1909-18.7.1944), der nach seiner Verlegung in das Konzentrationslager Flossenbürg dort verstarb , sowie Albert Reinhardt (31.10.1921-17.7.1945). Reinhardt wurde 1944 in das Konzentrationslagers Dachau verlegt. Dort wurde er 1945 befreit, verstarb aber trotz einer Behandlung im Krankenhaus Schönbrunn bei Dachau am 17. Juli 1945.

Am 22. November 1944 stießen Alliierte Truppen nach Straßburg vor und brachten die Stadt am folgenden Tag unter ihre Kontrolle. Bickenbach befand sich zu diesem Zeitpunkt noch in Fort Fransecky. Ihm gelang die Flucht aus Straßburg. Über seine Aufenthaltsorte in der Zeit zwischen Ende November 1944 und Anfang 1945 ist bislang nichts bekannt. Im Februar 1945 gelang es Bickenbach mit Unterstützung des Direktors des Kaiser-Wilhelm-Institut für medizinische Forschung Richard Kuhn, in Bad Mergentheim in der Versorgungskuranstalt einen Arbeitsplatz und ein Labor zu erhalten.

Im Juni 1945 geriet Bickenbach in Garmisch in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nachdem Anschuldigungen, er habe sich im November 1938 aktiv an der Misshandlung von Juden in der Reichspogromnacht beteiligt, nicht zu beweisen waren, wurde er im Sommer 1946 entlassen. Am 17. März 1947 wurde Bickenbach verhaftet. Die Chambre de Mises en Accusation des Appellationsgerichts Colmar entschied am 20. Dezember 1949, dass Bickenbach und der ebenfalls an der Reichsuniversität Straßburg tätige Mediziner Eugen Haagen, der in Natzweiler unter anderem Fleckfieberversuche an KZ-Häftlingen durchgeführt hatte, vor dem Tribunal Militaire Permanente in Metz vor Gericht gestellt werden sollten. Das Verfahren in Metz fand vom 16. bis zum 24. Dezember 1952 statt. Es endete mit einer Verurteilung von Bickenbach und Haagen als Kriegsverbrecher zu lebenslänglicher Haft und Zwangsarbeit. Das erstinstanzliche Urteil wurde von einem Pariser Militärgericht am 14. Januar 1954 aufgehoben und zur Neuverhandlung an den Militärgerichtshof in Lyon übergeben. Die Revisionsverhandlung fand vom 11. bis 14. Mai 1954 in Lyon statt. Haagen und Bickenbach wurden zu zwanzigjähriger Zwangsarbeit verurteilt. 1955 wurde die Strafe in eine zehnjähirge Haftstrafe umgewandelt. Am 18. September 1955 wurde Bickenbach aus der Haft entlassen. Nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik, beantragte Bickenbach in einem berufsgerichtlichen Verfahren seine Rehabilitierung als Arzt. Auf die skandalösen Umstände der Rehabilitierung Bickenbachs in dem 1962 eröffneten Verfahren vor dem Berufsgericht für Heilberufe beim Verwaltungsgericht Köln hat Ernst Klee jüngst hingewiesen. Ohne Hinzuziehung der Akten des SS-Ahnenerbes aus dem Nürnberger Ärzteprozess oder den Verfahren vor den Französischen Militärgerichten wurde Bickenbach in Köln entlastet. In seinem abschließenden Urteil stellte das Berufsgericht für Heilberufe 1966 fest, er habe „seine ärztlichen Berufspflichten getreu dem hippokratischen Eid nicht verletzt“. Bickenbach praktizierte daraufhin in privater Praxis wieder als Arzt. Er starb am 26. November 1971 in Siegburg.

Florian Schmaltz

Biographie

Repères

Localisations

Nationalités

Confessions

Publications

  • Bickenbach, Otto. Reaktionsveränderungen der terminalen Hautstrombahn durch Training. Diss. med.. München, 1928
  • BOHN Die Cholesterinbestimmung nach Autenriet 7R8T9346
  • Bickenbach, Otto. Die Messung des Querschnitts der Aorta Ascendens. Ein Beitrag zur unblutigen Schlagvolumenbestimmungsmethode nach Broemser und Ranke. Deutsches Archiv für klinische Medizin 171 (1931) : 647-656
  • Butter, R. ; Bickenbach, Otto. Zur Bewertung der Form des Elektrokardiogramms. Deutsches Archiv für klinische Medizin 173 (1932) : 390-403
  • Bickenbach, Otto. Die Wirkung der vierten körpereigenen blutdrucksenkenden Substanz auf den Kreislauf des Menschen. Deutsches Archiv für Klinische Medizin 175 (1933) : 366-375
  • FINGERHUTH Beitrag zur Klinik der Trieuspidalinsuff ZA9REGDC
  • Bickenbach, Otto. Die Kymographie des Herzens und der Gefässe. Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen 50 (1934) : 14-15
  • Bickenbach, Otto. Blutkreislauf- und Atmungskorrelation als Grundlagen konstitutioneller Leistungsfähigkeit. Deutsches Archiv für klinische Medizin 184 (1939) : 28-64
  • Bickenbach, Otto. Der Zwiespalt im Arzt. Volk im Werden. Zeitschrift für Kulturpolitik 7 (1939) : 29-37

Relations

Directeur de thèse de

Évaluateur de

Collègue de

Famille de

Subordonné de

1901-03-11T00:00:00Z
Vie privée
Naissance
1971-11-26T00:00:00Z
Vie privée
Décès
1927-01-01T00:00:00Z
Vie privée
Autorisation d'exercer la médecine
1928-01-01T00:00:00Z
Vie privée
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Références

À propos de cette page

Rédaction : ©Marquart, ©F.schmaltz



  1. Lebenslauf des San. Truppenführers Otto Bickenbach, 1934, BArch, VBS 1009 (NS 23), ZA II 00902, Bl. 5..
  2. 2,0 et 2,1 Ebd..
  3. Ebd., Späth (Führer des Sturmes 11/S1) der SA der NSDAP, Dienstleistungszeugnis für Sanitätstruppführer Dr. Otto Bickenbach, 21.2.1934, BArch, VBS 1009 (NS 23), ZA II 00902, Bl. 6 und Lebenslauf Otto Bickenbach, [1934], BArch, R 26 III/690..
  4. Hermann Josef Hellmich: Die Medizinische Fakultät der Universität Freiburg i. Br. 1933-1935. Eingriffe und Folgen der nationalsozialistischen Personalpolitik. Universität Freiburg, Diss. med., 1989, S. 164 ff.; Eduard Seidler: Die Medizinische Fakultät der Albert-Ludwig-Universität Freiburg im Breisgau. Grundlagen und Entwicklungen, Berlin u.a.: Springer 1991, S. 340; Bernd Grün: Die Assistenten der Medizinischen Fakultät und der NS-Dozentenbund. Bernd Grün, Hans-Georg Hofer, Karl-Heinz Leven (dir.): Medizin im Nationalsozialismus. Die Freiburger Medizinische Fakultät und das Klinikum in der Weimarer Republik und im 'Dritten Reich', Frankfurt am Main, Berlin, Bern: Peter Lang 2002, p. 189-220, hier S. 204..
  5. Otto Bickenbach: Blutkreislauf und Atmungskorrelation als Grundlagen konstitutioneller Leistungsfähigkeit. Deutsches Archiv für klinische Medizin, 184 (1939), p. 28-64..
  6. Interrogation No. 799 – Wolfgang Wirth, 12.2.1947, S. 12, National Archives, Washington, RG 238, Microfilm M 1019, reel 80..
  7. Johannes Stein (Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Straßburg) an Ministerialrat Klingelhöfer (Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung), 15.9.1941, BArch, R 76 IV/69..
  8. Florian Schmaltz: Kampfstoff-Forschung im Nationalsozialismus. Zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten, Militär und Industrie. Göttingen: Wallstein 2005, 523..
  9. Urteil im berufsgerichtlichen Verfahren des Arztes Otto Bickenbach, 10.2.1966, BArch Ludwigsburg, B 162/4203, Bl. 549; Vorlesungsverzeichnis der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg aus dem Wintersemester 1939/1940, S. 44..
  10. Zur Biografie von Weese siehe: Hans Kilian: Hellmut Weese. Anaesthesist, 3 (1954), p. 97-98; Gerhard Hecht, W. Schulemann: In memoriam Hellmut Weese. Arzneimittel-Forschung, 4 (1954), 3, p. 218-220; Hans Schadewaldt, Frank-Joachim Morich, Bayer-Aktiengesellschaft. Sektor Gesundheit Gesundheitspolitik.: 100 Jahre Pharmakologie bei Bayer: 1890 - 1990. Geschichte des Instituts für Pharmakologie in Wuppertal-Elberfeld, Leverkusen: Bayer AG 1990; M. Goerig, J. Schulte am Esch: Hellmut Weese. Der Versuch einer Würdigung seiner Bedeutung für die deutschsprachige Anästhesie. Anästhesiologie & Intensivmedizin, 32 (1992), p. 678-685..
  11. Oberstabsarzt Wirth, Aktennotiz über Dienstreise im Bereich der 1. Armee vom 16.11.-19.11.1939 (Geheim), 28.11.1939, BA-MA Freiburg, RH 12-23/4470..
  12. Staatsanwaltschaft Bochum (16 Js 82/54), Vernehmung von Prof. Dr. Otto Bickenbach, 3.11.1955, BArch Ludwigsburg, B 162/4206, Bl. 1081-1097, hier Bl. 1083..
  13. Ohne über das verwendete Mittel Kenntnis zu erhalten wurde der Film auch den beiden für Kampfstoffverletzungen beim Armeearzt 7 zuständigen Oberstabsarzt Dr. Grüner und Stabsarzt Prof. Dr. Jansen, die zum „Zwecke der Fühlungsnahme und des Gedankenaustauschs“ anwesend waren, vorgeführt. Vgl. dazu und die folgenden Zitate: Oberstabsarzt Wolfgang Wirth, Aktennotiz über Dienstreise im Bereich der 1. Armee vom 16.11.-19.11.1939 (Geheim), 28.11.1939, BA-MA Freiburg, RH 12-23/4470..
  14. Schmaltz, Florian. Kampfstoff-Forschung im Nationalsozialismus. Zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten, Militär und Industrie. Göttingen : Wallstein, 2005. S. 521.